450 Reischacher demonstrieren
für Ortsumgehung
Gesierich: „Sind doch keine Menschen 2.
Klasse“- B 588 eine Stunde gesperrt - MdB Mayer: „Es bestehen noch Chancen“
von Johanna Krauskopf
Reischach. "Uns stinkt's" - zwei Worte machen deutlich, was die
Reischacher von den Plänen der Bundesregierung und dem Durchgangsverkehr auf der
B 588 halten. Rund 450 Menschen gingen am Dienstag abend für eine Ortsumgehung
auf die Straße - weitaus mehr als erwartet.
"Ich bin sehr zufrieden" freut sich erster Bürgermeister Manfred Gesierich. Mit
300 Teilnehmern hatte er gerechnet, rund 450 kamen. Mit Trillerpfeifen,
Trommeln, Plakaten und viel Herzblut waren die Menschen bei der ersten
Reischacher Demo dabei. Kinder ebenso wie Erwachsene, Politiker,
Mutter-Kind-Gruppe oder Freiwillige Feuerwehr - alles war vertreten.
"Jeder sollte mal ein paar Wochen Urlaub in Reischach machen und an der
Straße wohnen. Dann weiß er, was es bedeutet dort zu leben. So wie ich." Irma
Hochseder (73) ist mit einem großen Plakat angerückt, auf dem sie jeden zu
diesem Urlaubsaufenthalt auffordert. "Dass nicht mehr Unfälle passieren wundert
mich eh", erzählt auch Sabine Waitzhofer (35). "Jeden Tag muss ich mehrfach die
Straße überqueren. Für Kinder und ältere Menschen ist das sehr gefährlich. Eine
Umgehung muss auf jeden Fall her." Waitzhofer, ihr dreijähriger Sohn Stefan und
viele Freunde und Bekannte der Mutter-Kind-Gruppe sind mit dabei. Die Kinder
halten die selbstgebastelten Schilder hoch in die Luft. "Auch wenn es nichts
bringt. Man hat wenigstens gezeigt, dass wir mit den Plänen nicht zufrieden
sind."
Laut Referentenentwurf der Bundesregierung soll die Ortsumgehung den Status
"vordringlicher Bedarf" verlieren (ANA berichtete). Dies würde bedeuten,
dass bis ins Jahr 2015 in Reischach nichts mehr passiert. "Diese Entscheidung
kann und will der Gemeinderat nicht akzeptieren", betont Bürgermeister Gesierich.
In anderen Orten werde schließlich auch weiter gebaut und "wir sind doch keine
Menschen zweiter Klasse und weniger wert. Deshalb fordern wir mit Nachdruck, den
Referentenentwurf zu überarbeiten und so abzuändern, dass die Ortsumgehung als
‚Maßnahme des vordringlichen Bedarfs mit einer Umsetzung bis 2015' eingestuft
wird", fordert Gesierich. Ein Pfeifkonzert der Zustimmung.
"Noch ist nicht aller Tage Abend", meint auch Stefan Jetz, stellvertretender
Landrat. "Mit solchen Aktionen können wir auf unsere Probleme und Wünsche
aufmerksam machen. Das macht Eindruck." Sämtlich Straßenbau-Maßnahmen stünden
jetzt im Wettstreit miteinander, jeder hofft, den Zuschlag doch noch zu
bekommen. Mit dieser Demonstration bringt man sich ins Gespräch, so seine
Einschätzung. "Es bestehen noch Chancen, wieder in den vordringlichen Bedarf
gestuft zu werden", ist sich auch MdB Stephan Mayer sicher. Eine kürzliche
durchgeführte Verkehrszählung hatte eine Belastung von rund 9000 Fahrzeugen
täglich ergeben. Laut Reischacher Resolution gehen Schätzungen von rund 15 000
Lkw und Pkw im Jahr 2015 aus.
Problematisch sei vor allem die Kosten-Nutzen-Rechnung, erklärt Mayer. Die
topographische Lage des Ortes lässt die Kosten für die 4,7 Kilometer lange
Strecke auf rund 15,3 Millionen Euro steigen. "Das ist meiner Meinung nach der
Grund, warum Reischach aus der Planung herausgenommen werden soll."
Jetzt heißt es aber erst einmal abwarten. Im Juni wird der Referentenentwurf in
Berlin diskutiert. "Abstimmungstermin und alles andere ist noch offen", weiß
Manfred Gesierich. "Wir können nur noch hoffen."
(ANA vom 29.05.2003)